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Schillernde Figuren

Schwester Hildur – Carl Huter – Gerda Becker With – Gerd Reichel

Ein Physiognomiker, eine Krankenschwester, eine Künstlerin und ein Komponist: einige schillernde Figuren lassen sich in der jüngeren Geschichte Bad Salzdetfurths ausmachen.

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Bild: Fotografie von Schwester Hildur aus: Wilhelm Hartmann, Die Kinderheilanstalt Bad Salzdetfurth (Bad Salzdetfurth: Selbstverlag der Kinderheilanstalt, 1954) S. 17

Schwester Hildur Amalie Freiin Marschalck von Bachtenbrock (1847−1922)

 

Schwester Hildur leitete von 1890 bis zu ihrem Lebensende am 25. Januar 1922 die Kinder- und Jugendheilanstalt in Bad Salzdetfurth. Ihr Tatendrang und Sachverstand als ausgebildete Krankenschwester des Henriettenstifts Hannover trugen maßgeblich zum raschen Wachstum der Heilanstalt bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 bei. Auf sie geht die Gründung des Waldhauses im Jahr 1907 zurück, in dem Jugendliche aus armen Familien ab dem 14. Lebensjahr Erholung und Heilung fanden. Unternehmen und Industrielle unterstützten die Arbeit des Hauses, weil es vor allem darum ging, die jungen Menschen wieder in die Erwerbstätigkeit zu bringen.

Schwester Hildur sorgte für Solebäder, Sporttherapien, eine hauseigene Parkanlage und eine moderne Ausstattung der Anstalt. Das in den 1970er-Jahren abgerissene Haupthaus der Heilanstalt wurde 1924 in Würdigung ihrer Verdienste mit dem Namen Hildur-Heim ausgezeichnet.

Bild: Studienbüste über die Grundwahrheiten des Lebens: Die Bedeutung der Körper-Kopf- und Gesichtsformen nach Carl Huters Psycho-Physiognomik. Näheres in "Grundlagen der Menschenkenntnis", publiziert ab ca. 1900

Der Psychophysiognomiker Carl Huter (1861–1912)

Carl Huter gehört zu den bekannteren Persönlichkeiten der Stadt Bad Salzdetfurth. Wie andere Forschende vor ihm war er davon überzeugt, von äußeren Merkmalen einer Person auf deren Psyche schließen zu können. Er gründete mehrere Institute und legte umfangreiche Studien für seine Hypothesen vor, mit denen er zum Begründer der Psychophysiognomik wurde. Bis 2020 befand sich ein großer Teil des Huter-Nachlasses im Bergbau- und Salzmuseum. Der Bad Salzdetfurther Geschichtsverein e. V. erfasste den Nachlass vollständig und übergab die Originale an das Kreisarchiv Hildesheim.

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Carl Heinrich Conrad Huter 
(* 9. Oktober 1861 in Heinde;
† 4. Dezember 1912 in Dresden)
(wikipedia)

Bild: Carl Huter, 1908

Galerie: 55 der 59 Zeichnungen der Künstlerin Gerda Becker, entstanden 1935 in Bad Salzdetfurth

Die Künstlerin Gerda Becker (1910−2002)

Gerda Becker war die Cousine des Salzdetfurther Bergwerkdirektors Hellmut Zirkler. Sie wurde von ihrem Onkel, dem Ausichtsratsvorsitzenden des Salzdetfurth-Westeregeln-Aschersleben-Konzerns gebeten, ein Heft mit "Kleinen Geschichten aus dem Kali- und Steinsalz-Bergbau" zu erstellen, mit dem Ziel, Unfallursachen darzustellen und damit Unfälle zu verhindern. Sie fertigte 1935 zahlreiche Zeichnungen von Bad Salzdetfurth über und unter Tage an. Davon sind heute 59 Originale erhalten, die im Bergbau- und Salzmuseum in der Saline aufbewahrt werden.

Gerda Becker wurde am 4. März 1910 in Hamburg geboren; ihre Mutter war eine gefragte Werbegrafikerin. Auf Wunsch ihrer Eltern besuchte sie eine Reformschule, in der kulturelle und künstlerische Bildung zum Alltag gehörten. Anschließend studierte sie an der Charlottenburger Kunstgewerbeschule in Berlin und arbeitete in den folgenden Jahren als Illustratorin, Porträtistin und Malerin. In Berlin lernte sie ihren späteren jüdischen Ehemann Karl With näher kennen, mit dem sie 1939 nach New York emigrierte und von dort aus weiter nach Pasadena im Los Angeles County. Das frisch gebackene Ehepaar konnte sich in seiner neuen Heimat nach und nach etablieren. Gerda wurde Mutter von zwei Kindern und eine erfolgreiche Künstlerin, deren Werke den Weg in die National Gallery of Art in Washington, DC fanden. Im Alter von über 90 Jahren starb sie am 27. Februar 2002 in Los Angeles.

Bild: Gedenktafel für Gerd Reichel an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Gartenstraße/Ecke Mühlenbusch in Bad Salzdetfurth (Fotografie 2006)

Der Komponist Gerd Reichel (1915−1995)

An Gerd Reichels ehemaligem Wohnhaus in Bad Salzdetfurth befindet sich seit 2006 eine Gedenktafel für den Komponisten und Musiker. Sie erinnert an Reichels unruhiges Leben: Er wurde in Thüringen geboren und verlebte dort seine Kindheit und Jugend. Nach seinem Schulabschluss studierte er an der Staatlichen Hochschule für Musik in Weimar und wurde danach zum Militärdienst im Zweiten Weltkrieg eingezogen. Er kehrte aus der Gefangenschaft nicht in seine Heimat zurück, sondern zog in den Westen Deutschlands. In den 1950er-Jahren arbeitete er für den Iris Musik- und Theaterverlag im westfälischen Recklinghausen und später auch für andere Musikverlage. Er wirkte an Kompositionen für Film-, Unterhaltungs- und Chormusik mit. In Bad Salzdetfurth, wo er für die Jahre bis zu seinem Tod am 16. Juli 1995 ein zweites Zuhause fand, gründete er die Kurkapelle, leitete Chöre und hatte eine eigene Band: die Gerd-Reichel-Singers. Er hinterließ eine umfangreiche Sammlung von Blas- und Streichinstrumenten.

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